Keine Gewerbesteuer: Das zählt zu den Privilegien der Freiberufler. Allerdings nur unter strengen Regeln. Wenn Freiberufler gegen diese Gesetze verstoßen, kassiert das Finanzamt Gewerbesteuer – sogar rückwirkend. Die Gerichte müssen immer wieder im Kampf von Freiberuflern mit der Gewerbesteuer entscheiden.
Wie paradiesisch wirkt auf einen Gewerbetreibenden die Arbeitswelt eines Freiberuflers. Er braucht keinen Gewerbeschein, muss keine Bilanz erstellen und zahlt keine Gewerbesteuer. Doch dieses Vorrecht bindet der Gesetzgeber an Bedingungen. Wer dagegen verstößt, zahlt Gewerbesteuer. Schlimmer noch: Wenn ein Freiberufler Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit erwirtschaftet, dann unterliegen nicht nur die Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit aus gewerblicher Tätigkeit der Gewerbesteuerpflicht, sondern unter Umständen auch die Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit.
Freiberuflichkeit und Gewerbebetrieb
Als Freiberufler hat der Gesetzgeber in § 18 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) bestimmte Berufsgruppen beschrieben: Ärzte zählen dazu, Rechtsanwälte, Physiotherapeuten, Steuerberater, Journalisten, Autoren und sogar Lotsen. Sie heißen deshalb "Katalogberufe". Welche Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb stammen, steht in § 15 EStG. Eine Firma gleich welcher Rechtsform wird in vollem Umfang zum Gewerbebetrieb, wenn sie Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit erzielt. Auch das regelt dieser Paragraphen. Kleine Zusatzgeschäfte können einem Freiberufler schnell auf die Füße fallen.
Beispiel 1: Ein Zahnarzt mit eigener Praxis (Freiberufler) verkauft nebenbei in seinen Räumen Zahnpflegeartikel. Bei einer Steuerprüfung wird das Finanzamt auf dieses Zusatzgeschäft aufmerksam und schickt dem Zahnmediziner einen Gewerbesteuerbescheid. Das Finanzamt darf sogar rückwirkend Gewerbesteuer kassieren.
Steuerrechtlich ist dieses Vorgehen der Finanzämter gemäß § 15 Abs. 3 EStG als "Abfärbewirkung" oder "Abfärberegelung" bekannt. Diese Regel kann sich auch auf eine ganze Praxisgemeinschaft auswirken. Das Finanzgericht Düsseldorf musste einen solchen Rechtsstreit entscheiden (Az. K 3969/11 G).
Beispiel 2: Eine Ärztin (A) war als Gesellschafterin in die existierende Praxisgemeinschaft der Mediziner B und C aufgenommen worden. B und C hatten mit A vereinbart, dass diese einen festen Prozentsatz ihrer Honorarumsätze als Gewinnbeteiligung erhält. Alle Kosten blieben in den Händen von B und C. Das Finanzamt bewertete die Praxisgemeinschaft als Gewerbebetrieb und bekam damit vor dem FG Düsseldorf Recht.
Die Düsseldorfer Richter erklärten, die Zugehörigkeit zu einem Katalogberuf reiche noch nicht, um eine Freiberuflichkeit zu belegen. Der Freiberufler werde nur dann tatsächlich freiberuflich tätig, wenn er "aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig" sei. Das traf aber auf Ärztin A nicht zu. Sie war weder eine Fachkraft, die unter Anleitung von B und C arbeitete noch eine eigenverantwortliche, gleichberechtigte Partnerin in der Praxisgemeinschaft.
Gewerbesteuer: Freiberufler vs. Finanzamt
Gerichte haben die Abfärbewirkung eingeschränkt:
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass es bei einem sehr geringen Anteil der gewerblichen Tätigkeit nicht zu einer Abfärbewirkung kommt (AZ. XI R 12/98). Im konkreten Fall ging es um einen Anteil von 1,25 Prozent.
Das Finanzgericht (FG) Niedersachsen hat entschieden, dass ein Einzelunternehmer gleichzeitig einer freiberuflichen und einer gewerblichen Tätigkeit nachgehen kann (Az. 3 K 80/13). Allerdings müssten die Tätigkeiten strikt getrennt werden. Ist dies nach Verkehrsauffassung nicht möglich, dann müssen die Tätigkeiten einheitlich bewertet werden, dann greift die Abfärberegelung.
Der Zahnarzt aus Beispiel 1 kann hoffen, der Gewerbesteuerpflicht zu entgehen. Die Einkünfte aus dem Nebenbeiverkauf von Zahnbürsten, Gebissreinigern und Zahnseide dürften unerheblich sein. Noch leichter fiele ihm die Beweisführung, wenn er einen gesonderten Shop für die Artikel in einem eigenen Raum betreiben würde. Die Praxisgemeinschaft aus Beispiel 2 kann immerhin noch auf den BFH hoffen, der sich in der Revision mit dem Urteil des Düsseldorfer Finanzgerichts befassen muss.
Strenge Regeln für Freiberufler
Es sind auch andere Fälle denkbar, unter denen ein Freiberufler in die Gewerbesteuerpflicht fallen kann. So dürfen Freiberufler zwar Angestellte beschäftigen. Doch die Arbeit der Praxis oder Kanzlei muss vollkommen auf das konkrete Tun des Freiberuflers zugeschnitten sein. Eine Büro- oder Praxisgemeinschaft mit einem nicht praktizierenden Kollegen wird automatisch zum Gewerbebetrieb, weil der inaktive Teilhaber nicht als Freiberufler gilt. "Voraussetzung ist, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird", so heißt es in § 18 Abs. 1 Ziffer 1. Das Gesetz gestattet lediglich eine vorübergehende Krankheitsvertretung.
Tipp: Freiberufler, die zusätzliche Einkunftsquellen erschließen oder Bürogemeinschaften eingehen wollen, sollten vorher in jedem Fall ihren Steuerberater zu Rate ziehen.
Quelle:
Haufe.de, dejure.org, gesetze-im-internet.de, NWB Verlag, BWRmed!a letzte Änderung W.V.R.
am 30.03.2023 Autor(en):
Wolff von Rechenberg
Autor:in
Herr Wolff von Rechenberg
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09.02.2016 11:04:13 -
Gast
sehr gute beitrag, ich nun qualifizieren mein tädigkeit aber als freiberuflichler? :klatschen: :denk:
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09.02.2016 11:04:13 - Gast
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