Neue steuerliche Regeln treten 2020 vor allem in Sachen Mobilität in Kraft. Hier geht es um mehr Elektromobilität, aber auch um das Jobticket und niedrigere Umsatzsteuern für Bahntickets. Auf europäischer Ebene sollten Unternehmen die sogenannten Quick Fixes beachten, die 2020 in nationales Recht umgesetzt werden. Dies betrifft innergemeinschaftliche Lieferungen, Reihengeschäfte und Transportverantwortlichkeiten. Die wichtigsten steuerlichen Neuregelungen für Unternehmen hat Rechnungswesen-Portal.de zusammengefasst.
Die Mobilität nimmt im jetzt vom Bundestag beschlossenen Jahressteuergesetz 2019 großen Raum ein – daher trägt es auch den etwas umständlichen Namen "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften". Für Unternehmen und Beschäftigte sind darüber hinaus mit Blick auf 2020 diverse Regelungen wichtig, die im Jahressteuergesetz sowie in weiteren Gesetzespaketen festgelegt wurden. Immerhin umfasst das Gesetzespaket einen bunten Strauß sehr unterschiedlicher Maßnahmen. Regelungen zu Mobilität und Elektromobilität gehören ebenso dazu wie steuerliche Entlastungen für Arbeitnehmer und Verfahrenserleichterungen für Arbeitgeber sowie Anpassungen an EU-Recht und an Urteile von EuGH und BFH.
Mobilität und Elektromobilität
Die Förderung der privaten
Nutzung von Dienstwagen, die zu den Elektro- und Plugin-Hybridfahrzeugen gehören, wird bis 2030 verlängert: Nutzer müssen nicht ein Prozent des gesamten inländischen Listenpreises pro Monat versteuern, sondern des halben Listenpreises. Allerdings verschärfen sich die Anforderungen an die Reichweite. Für reine Elektrofahrzeuge bis zu einem Preis von 40.000 Euro wird dank Klimapaket die Bemessungsgrundlage für den zu versteuernden Vorteil sogar auf ein Viertel des Listenpreises abgesenkt. Darüber hinaus wird die Steuerbefreiung von Elektrofahrzeugen nach dem Kraftfahrzeugsteuergesetz bis zum 31. Dezember 2025 verlängert.
Der geldwerte Vorteil aus der Überlassung eines betrieblichen
(Elektro-)Fahrrads bleibt bis 2030 vollständig von der Steuer befreit, ebenso die Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektro- oder Hybridfahrzeugs im Unternehmen beziehungsweise für die zeitweise zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung.
Für die Anschaffung neuer Elektrolieferfahrzeuge der Klassen N1, N2 und N3 wird in den Jahren 2020 bis 2030 zusätzlich zur regulären Abschreibung eine Sonderabschreibung in Höhe von 50 Prozent im Jahr der Anschaffung eingeführt. Das gilt auch für Lastenfahrräder. Die fiktiven Zinsanteile bei Miete und Leasing förderfähiger Elektrofahrzeuge oder Plugin-Hybride, die ab dem 1. Januar 2020 angeschafft werden, werden bei der Gewerbesteuer bis 2030 nur halbiert zugerechnet. Das gilt auch für Fahrräder, die keine Kraftfahrzeuge sind.
Im Zuge des Klimapakets wurde beschlossen, den
Mehrwertsteuersatz für den öffentlichen Personenschienenbahnfernverkehrs von 19 auf sieben Prozent zu senken. Im Gegenzug wird ab 2020 die Luftverkehrsabgabe bei Flügen erhöht.
Lohn und Gehalt
Um die Akzeptanz eines Jobtickets zu erhöhen, wird eine neue Pauschalbesteuerung ohne Anrechnung auf die Entfernungspauschale eingeführt: Arbeitgeberleistungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, auch wenn sie nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden, sollen fortan vom Arbeitgeber pauschal mit 25 Prozent besteuert werden. Die Regelung gilt für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr sowie für private Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr. Für diese pauschal besteuerten Bezüge unterbleibt eine Minderung des Werbungskostenabzugs in Form der Entfernungspauschale beim Arbeitnehmer.
Für Berufskraftfahrer wird ein neuer Pauschbetrag in Höhe von acht Euro pro Kalendertag für Aufwendungen eingeführt, die innerhalb einer mehrtägigen beruflichen Tätigkeit in Verbindung mit einer Übernachtung im Kraftfahrzeug des Arbeitgebers entstehen. Liegen die tatsächlichen Aufwendungen über dem Pauschbetrag, können diese angesetzt werden.
Die Verpflegungspauschalen für Dienstreisen werden erhöht: von 24 auf 28 Euro für Abwesenheiten von 24 Stunden sowie von 12 auf 14 Euro für An- und Abreisetage und für Abwesenheitstage ohne Übernachtung und mit mehr als acht Stunden. Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers werden steuerbefreit, wenn sie der allgemeinen Beschäftigungsfähigkeit dienen. Damit sind Maßnahmen gemeint, die eine Anpassung und Fortentwicklung der beruflichen Kompetenzen des Arbeitnehmers ermöglichen und somit zur besseren Begegnung der beruflichen Herausforderungen beitragen.
Angesichts steigender Mieten in hochpreisigen Ballungsgebieten entfällt bei Mitarbeiterwohnungen der steuerpflichtige geldwerte Vorteil für den Arbeitnehmer, wenn die gezahlte Miete inklusive Nebenkosten zwei Drittel des ortsüblichen Mietwerts nicht unterschreitet und dieser Mietwert höchstens 20 Euro pro Quadratmeter ohne Nebenkosten beträgt.
Sachbezüge in Form von Gutscheinen und Geldkarten können Arbeitgeber ihren beschäftigten weiterhin bis zu einer Höhe von 44 Euro pro Monat steuerfrei gewähren. Voraussetzung ist, dass diese Sachbezüge zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn ausgegeben werden und die Karten keine Barzahlungs- oder Wandlungsfunktion in Geld haben.
In den unterschiedlichen Zweigen der Sozialversicherung ändern sich 2020 zwar nicht die Beitragssätze, aber die Bemessungsgrenzen. Die Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der Pflegeversicherung steigen von derzeit 4.537,50 Euro im Monat (54.450 Euro jährlich) auf 4.687,50 Euro im Monat (56.250 Euro jährlich). Die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze steigt von 60.750 Euro auf 62.550 Euro, die besondere ermäßigte Jahresarbeitsentgeltgrenze für PKV-Bestandsfälle von 54.450 Euro auf 56.250 Euro. In der Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung gelten 2020 die Beitragsbemessungsgrenzen West in Höhe von 6.900 Euro monatlich beziehungsweise 82.800 Euro jährlich sowie die Beitragsbemessungsgrenzen Ost in Höhe von 6.450 Euro monatlich beziehungsweise 77.400 Euro jährlich.
Der Steuer-Grundfreibetrag erhöht sich ab 1. Januar 2020 für alle Steuerzahler von 9.168 Euro auf 9.408 Euro. Der Mindestlohn steigt auf 9,35 Euro.
Eine Steueridentifikationsnummer erhalten künftig auch Arbeitnehmer, die in Deutschland lediglich der beschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegen. Der Arbeitnehmer kann die Zuteilung beim Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers vornehmen oder seinen Arbeitgeber zur erstmaligen Beantragung der Steuer-ID bevollmächtigen. Außerdem sollen beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer in Zukunft in den betrieblichen Lohnsteuerjahresausgleich eingebunden werden.
Das Dritte Bürokratieentlastungsgesetz sieht weitere Änderungen vor. Arbeitgeber erhalten demnach für Leistungen, die sie zusätzlich zum Arbeitslohn zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands und zur betrieblichen Gesundheitsförderung erbringen, künftig eine Steuerbefreiung in Höhe von bis zu 600 Euro jährlich je Arbeitnehmer. Bis 2019 lag der Betrag bei 500 Euro.
Die Pauschalierungsgrenze für Beiträge zu einer Gruppenunfallversicherung wird je Arbeitnehmer auf 100 Euro im Kalenderjahr angehoben. Der Arbeitgeber kann diese Beiträge mit einem Pauschsteuersatz von 20 Prozent erheben. Die Beitragsleistungen sind nur dann als Arbeitslohn zu qualifizieren, wenn die Beschäftigten den Versicherungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen können.
Bei kurzfristiger Beschäftigung kann eine pauschale Lohnsteuer von 25 Prozent erhoben werden, wenn Mitarbeiter nicht länger als 18 zusammenhängende Arbeitstage beschäftigt werden oder deren Beschäftigung zu einem unvorhersehbaren Zeitpunkt sofort erforderlich ist. Künftig darf dafür der durchschnittliche Arbeitslohn je Arbeitstag höchstens 120 Euro und der durchschnittliche Stundenlohn nicht mehr als 15 Euro betragen.
Arbeitgeber erhalten eine neue Pauschalierungsmöglichkeit für Arbeitnehmer aus dem Ausland: Unter Verzicht auf den Abruf der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer für Bezüge von kurzfristigen im Inland tätigen beschränkt Steuerpflichtigen, die einer ausländischen Betriebsstätte dieses Arbeitgebers zugeordnet sind, mit einem Pauschsteuersatz von 30 Prozent des Arbeitslohns erheben. Kurzfristig bedeutet, dass diese Tätigkeit im Inland höchstens über 18 zusammenhängende Arbeitstage ausgeübt wurde.
Ehegatten und Lebenspartner dürfen künftig öfter als einmal im Kalenderjahr ihre Steuerklasse wechseln.
Unternehmensbesteuerung
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die gerichtlich in anderen Mitgliedstaaten der EU nach dem 31.12.2018 festgesetzt werden, können nicht mehr als Betriebsausgaben abgezogen werden. Das gilt auch für Nachzahlungszinsen auf hinterzogene Steuern.
Die gewerbesteuerliche Kürzungsnorm für Gewinne aus Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz im europäischen oder im übrigen Ausland wird nur noch angewendet, sofern der Kapitalanteil zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens 15 Prozent am Nennkapital beträgt. Die bestehenden einschränkenden Tatbestandsvoraussetzungen für ausländische Kapitalgesellschaften werden gestrichen und die bisherige niedrigere Beteiligungsvoraussetzung in Höhe von zehn Prozent für EU-Gesellschaften abgeschafft. So soll kein Zwang bestehen, bei der Gewerbesteuer die Vorgaben der Mutter-Tochter-Richtlinie zur Beteiligungshöhe zu beachten.
Umsatzsteuer
Die Voraussetzung der Steuerfreiheit bei innergemeinschaftlichen Lieferungen wird verschärft: Der Abnehmer der Lieferung muss ein im anderen Mitgliedstaat für umsatzsteuerliche Zwecke erfasster Unternehmer oder eine juristische Person sein. Er muss also eine Umsatzsteueridentifikationsnummer besitzen, die ihm in dem anderen Mitgliedstaat erteilt wurde und die er gegenüber dem liefernden Unternehmer verwendet. Es kann zur Ablehnung der Steuerfreiheit kommen, wenn der liefernde Unternehmer die zusammenfassende Meldung gemäß Umsatzsteuergesetz nicht, nicht richtig oder nicht gänzlich abgibt.
Die sogenannten Quick Fixes der EU werden in nationales Recht umgesetzt. Beispielsweise wird das umsatzsteuerliche Reihengeschäft erstmals klar definiert: als eine vom ersten Unternehmer zum letzten Abnehmer unmittelbare Beförderung oder Versendung eines Gegenstands, über den mehrere Unternehmer Umsatzgeschäfte abschließen, wobei die Transportverantwortlichkeit ausschließlich bei einem Unternehmer liegt. Grundsätzlich ist die Transportverantwortlichkeit einer Lieferung demjenigen zuzuordnen, der den Gegenstand der Lieferung versendet oder befördert. Von der Neuregelung sind insbesondere Fälle betroffen, in denen der Zwischenhändler die Transportverantwortung hat: Sofern dieser nachweisen kann, dass er den Gegenstand nur als Lieferant und nicht als Abnehmer befördert oder versendet hat, liegt die Transportverantwortung nicht bei ihm. Zudem handelt es sich nicht um eine innergemeinschaftliche Lieferung, wenn die dem Zwischenhändler im Abgangsmitgliedstaat zugeteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer genutzt wird. Diese Regelung soll auch bei Reihengeschäften angewendet werden, wenn der Liefergegenstand in einen Drittstaat gelangt.
Warenlieferungen in ein Konsignationslager, das sich in einem anderen Mitgliedsstaat befindet, wird unter bestimmten Voraussetzungen beim liefernden Unternehmer einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellt und beim Erwerber als innergemeinschaftlicher Erwerb besteuert. Unter anderem darf der liefernde Unternehmer im Bestimmungsmitgliedstaat weder Sitz, Geschäftsleitung, Betriebsstätte noch seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben und der Abnehmer muss die ihm vom Bestimmungsstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nutzen.
Um die Umsatzsteuerhinterziehung im Rahmen vom Karussell- und Kettengeschäften zu bekämpfen, verliert ein Unternehmer, der wissentlich an einer Steuerhinterziehung beteiligt war, die Steuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen sowie den jeweiligen Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen, innergemeinschaftlichem Erwerb sowie Reverse-Charge. Dabei kann die Steuerhinterziehung vom Leistenden oder einem anderen Beteiligten begangen worden sein.
Kleinunternehmerregel
Die Grenze für den Vorjahresumsatz bei der
Kleinunternehmerregel steigt von derzeit 17.500 Euro im Jahr auf 22.000 Euro. Das sieht das Dritte Bürokratieentlastungsgesetz vor. Die neue Regelung tritt zum 1. Januar 2020 in Kraft.
In Teilen muss der Bundesrat diesen vom Bundestag verabschiedeten Gesetzen noch zustimmen.
letzte Änderung W.V.R.
am 17.12.2020
Autor(en):
Petra Hannen
Bild:
panthermedia.net / Roman Ivashchenko
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