Unter
Instandhaltungsrückstellungen werden laut § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1. HGB Rückstellungen verstanden, die für im Abschlussjahr
unterlassene Instandhaltungen gebildet werden. Als unterlassene Instandhaltung werden Maßnahmen verstanden, die aus wirtschaftlicher Sicht im laufenden Jahr notwendig gewesen wären, die aber nicht mehr vor dem Bilanzstichtag umsetzt worden sind, etwa, weil es nicht möglich ist, zeitnah einen geeigneten Anbieter für Reparaturleistungen zu finden, weil ein leicht beschädigtes Fahrzeug noch bis zum Jahresende für dringende Lieferungen benötigt wird oder Außenarbeiten auf Grund des schlechten Wetters im Dezember Anfang des Folgejahres nachgeholt werden sollen.
Wofür werden Instandhaltungsrückstellungen gebildet?
Für unterlassene Instandhaltungen müssen Rückstellungen gebildet werden, wenn sie notwendig, aber bis zum Abschlussstichtag nicht durchgeführt worden sind, allerdings
innerhalb der ersten drei Monate nach dem Bilanzstichtag nachgeholt werden sollen. Wie bei allen Rückstellungen gilt: Die Höhe der anfallenden Kosten und auch der Fälligkeitszeitpunkt der Instandhaltungsmaßnahmen sind noch nicht konkret abzusehen. Zu den Instandhaltungsrückstellungen zählen u.a. die Instandhaltung betrieblicher Räumlichkeiten, Reparaturen an Firmenfahrzeugen oder Maschinen sowie Wartungskosten für IT (Hard- und Software).
Mit Instandhaltungsrückstellungen soll sichergestellt werden, dass auch bei größeren Reparaturen finanzielle Mittel im Unternehmen vorhanden sind, aus denen diese finanziert werden können. Unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen müssen innerhalb der ersten drei Monate nach dem Bilanzstichtag nachgeholt und abgeschlossen werden. Ist das nicht möglich, und können z.B. Arbeiten erst im April vorgenommen werden, dürfen keine Instandhaltungsrückstellungen gebildet werden beziehungsweise schon gebildete Rückstellungen müssen
erfolgswirksam in der Bilanz aufgelöst werden.
Die Rückstellungen müssen sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz gebildet und passiviert werden.
Wichtig: Unterscheidung in interne und externe Verpflichtungen - Eine Verpflichtung für die Bildung von Instandhaltungsrückstellungen besteht nur für Arbeiten, die im eigenen Unternehmen entstehen, etwa für Wartung von Maschinen oder Reparaturen an betrieblich genutzten Gebäuden.
Gibt es
Verpflichtungen gegenüber Dritten, fallen diese nicht in die Kategorie Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung, sondern ungewisse Verbindlichkeiten. Solche Verpflichtungen gegenüber Dritten können beispielsweise sein: Verpflichtungen, Schäden zu beheben, die der eigene Betrieb einem Dritten verursacht hat (z.B. Schäden auf einem Grundstück) oder Verpflichtungen gegenüber Mietern, die eine Mietwohnung des Unternehmens bewohnen (hier u.a. Reparaturen an Heizungen oder Räumlichkeiten).
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Auch Verpflichtungen gegenüber der Gemeinde oder Stadt fallen in diese Kategorie, wenn z.B. durch einen eigenen LKW Schäden an einer Straße oder einem Gehweg entstanden sind und beseitigt werden müssen.
Höhe der Rückstellungen
In welcher Höhe Instandhaltungsrücklagen gebildet werden, muss vom konkreten Sachverhalt abhängig gemacht werden. Wichtigster Punkt sind die voraussichtlich anfallenden Kosten, deren Höhe entweder geschätzt werden muss. Oder, was grds. besser ist, es liegen ein Kostenvoranschlag oder eine konkrete Bestellung vor, da man die Höhe der Rückstellung dann genauer belegen kann.
Da Rückstellungen zu einer Minderung bzw. Verlagerung von Steuerzahlungen aus dem alten in das laufende Geschäftsjahr führen, werden diese im Rahmen möglicher Betriebsprüfungen besonders kritisch hinterfragt. Entsprechend sollten Unternehmen sorgfältig agieren und möglichst genau planen.
Mögliches Vorgehen zur Bildung der Rückstellungen
Es empfiehlt sich, im Unternehmen kurz vor dem Abschlusstermin in allen Abteilungen nachzufragen, ob bzw. welche Sachverhalte es gibt, die eine Rückstellungsbildung rechtfertigen. Hierbei ist es erforderlich, allen Beteiligten (vor allem außerhalb der Buchhaltung) zu erklären, was Instandhaltungsrückstellungen genau sind und unter welchen Bedingungen sie gebildet werden können bzw. müssen und wann nicht.
Sachverhalte, für die eine Rückstellung in Betracht kommt, sollten in einer Liste oder Übersicht zusammengestellt werden, wie sie beispielhaft Abbildung 1 zeigt.
Auch mögliche Reduzierungen oder Nebenkosten sind zu berücksichtigen
Bei Unklarheiten oder wenn der Grund für die Rückstellung nicht eindeutig ist, z.B. bei der Abgrenzung zu regulären Wartungsarbeiten, muss die Buchhaltung mit den betroffenen Abteilungen sprechen und die Sachverhalte entweder fundieren oder streichen. Der erwartete verbleibende Aufwand ist zu passivieren. Bei Kostenvoranschlägen muss geprüft werden, ob sie tendenziell über oder unter der ausgewiesenen Summe bleibt, was zuverlässig nur dann möglich ist, wenn man von einem Anbieter schon öfter Kostenvoranschläge erhalten hat, und einschätzen kann, ob der Endbetrag eher darüber oder darunter liegt. Auch das sollte im Zweifel erfasst und dokumentiert werden.
Abb. 1 Beispiel einer Übersicht für Instandhaltungsrücklagen
Wichtig: Mögliche Nachlässe oder andere Rabatte müssen berücksichtigt werden, was in der Regel nur bei bestätigten Bestellungen möglich ist, oder bei Anbietern, mit denen man schon zusammengearbeitet hat und deren Konditionen man im Betrieb kennt. Umgekehrt müssen auch Nebenkosten, die den Rückstellungsbetrag erhöhen, berücksichtigt werden, etwa Versand, Verpackung, Versicherungen oder Entsorgung. Außerdem sollten die tatsächlichen Erledigungstermine, evtl. Verzögerungen und deren Gründe sowie die Ist-Aufwendungen genau erfasst werden.
Praxis-Tipp: Grundsätzlich sollte schriftlich dokumentiert werden, warum man welche Rückstellung in welcher Höhe gebildet hat. Das kann zum einen eine wichtige Argumentationshilfe bei Betriebsprüfungen sein. Zum anderen lassen sich die Vorgänge auch nach einiger Zeit im Betrieb besser nachvollziehen, wenn es zu Fragen kommen sollte oder ein Mitarbeiter, der eine Rückstellung gemeldet hat, aus dem Unternehmen ausscheidet.
Abgrenzung Instandhaltung zu Wartung und Erhaltungsaufwand
Wichtig zu wissen ist, dass für
regelmäßige Wartungs- und Erhaltungsarbeiten keine Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungen gebildet werden dürfen. Eine nur verschobene reguläre Inspektion oder die Revision für ein Anlagegut dürfen nicht berücksichtigt werden. Wohl aber, wenn es sich um unregelmäßig anfallende Wartungsarbeiten an einer Maschine handelt, deren Wartung abhängig ist von der Auslastung. Außerdem dürfen Erhaltungsmaßnahmen, die zu einem höheren Wert des Anlagegutes führen, nicht als Rückstellungen angesetzt, sondern müssen aktiviert werden, da es sich nicht um Kosten handelt. Nicht zuletzt dürfen Instandhaltungsrücklagen nur gebildet werden, wenn die Wartung im laufenden Geschäftsjahr notwendig geworden ist und eigentlich auch in diesem Jahr hätte durchgeführt werden müssen.
Welche wichtigen Gesetzte und Vorschriften gibt es?
Handelsrechtlich ist die Passivierung von Rückstellungen in
§ 249 Abs. 1 HGB (Handelsgesetzbuch) geregelt. Das Steuerrecht verweist in
§ 5 Abs. 1 EStG (Einkommensteuergesetz) auf die handelsrechtlichen Normen. Die Bewertung erfolgt handelsrechtlich u.a. nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB, steuerrechtlich nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 und 3a EStG. Allgemeine Erläuterungen finden sich z.B. in den Hinweisen 6.11 der EStR (Einkommensteuer-Richtlinien), z.B. unter 5.7 Abs. 11.
Zum Thema Instandhaltungsrückstellungen gibt es zahlreiche Einzelverfügungen und Anweisungen seitens der Finanzverwaltung sowie eine Fülle von zum Teil höchstrichterlichen Urteilen (Bundesfinanzhof (BFH)). Nicht zuletzt sind zusätzlich ggf. Vorschriften des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) sowie der internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) zu berücksichtigen. Es ist also erforderlich, laufend die Rechtsprechung zu verfolgen, um alle aktuellen Anforderungen erfüllen zu können.
Wie sind Instandhaltungsrückstellungen zu buchen?
Die
Buchung von Instandhaltungsrückstellungen erfolgt wie bei anderen Rückstellungen, über das Aufwands- mit dem entsprechenden Rückstellungskonto.
Buchungssatz: Instandhaltungskosten an Instandhaltungsrückstellungen
Bei der Bildung der Rückstellung werden
Nettowerte angesetzt, bei der Auflösung muss die Mehrwertsteuer allerdings berücksichtigt werden.
Beispiel:
In einem Unternehmen konnte eine Instandhaltung einer Maschine bis zum Jahresende nicht durchgeführt werden. Der Kostenvoranschlag des Anbieters lautet auf 20.000 Euro netto inkl. evtl. Nachlässe und Nebenkosten. Die Instandhaltung wird im März des Folgejahres zu einem Nettowert von 19.500 Euro durchgeführt. Die Buchungen der Instandhaltungsrückstellungen können dann grds. wie folgt aussehen (unabhängig vom genutzten Kontenrahmen):
Die Buchungssätze zum 31 Dezember lauten:
1. Instandhaltung an Rückstellungen für andere ungewisse Verbindlichkeiten 20.000 Euro
2. Rückstellungen für andere ungewisse Verbindlichkeiten an Schlussbilanzkonto 20.000 Euro
3. Gewinn- und Verlustrechnung an Instandhaltung 20.000 Euro
Im nächsten Jahr wird die Eröffnungsbuchung wie folgt gebucht:
1. Eröffnungsbilanzkonto an Rückstellungen für andere ungewisse Verbindlichkeiten 20.000 Euro
Bei Rechnungseingang nach Erledigung der Arbeiten muss die Rückstellung erfolgswirksam aufgelöst werden. Die Buchungen hier lauten:
2. Instandhaltung 19.500 Euro und Vorsteuer 3.705 Euro an Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 23.205 Euro
3. Rückstellungen für andere ungewisse Verbindlichkeiten 20.000 Euro an Instandhaltung 19.500 Euro und Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen 500 Euro.
Bei Zahlung der Rechnung lautet die Buchung:
4. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 23.205 Euro an Bank 23.205 Euro.
Der Aufwand in Höhe von 20.000 Euro wirkt sich im Vorjahr ergebnismindernd aus. Im laufenden bzw. Folgejahr ergibt sich ein Ertrag aus der Auflösung von Rückstellungen in Höhe von 500 Euro.
letzte Änderung J.E.
am 07.06.2024
Autor(en):
Jörgen Erichsen
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Autor:in
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Herr Jörgen Erichsen
Jörgen Erichsen ist selbstständiger Unternehmensberater. Davor hat er in leitenden Funktionen in Konzernen gearbeitet, u.a. bei Johnson & Johnson und Deutscher Telekom. Er ist Autor von Fachbüchern und -artikeln rund um Rechnungswesen und Controlling. Außerdem ist er als Referent zu diesen Themen für verschiedene Träger tätig. Beim Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller (BVBC) leitet Jörgen Erichsen den Arbeitskreis Controlling.
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