
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat seine Rechtsprechung bezüglich der Absetzung für Abnutzungen (
AfA) für
Wirtschaftsgüter nach einer Betriebsaufgabe geändert. Nach einem BFH-Urteil vom 29.04.1992 (Az. XI R 5/90) kommt einem unzutreffend steuerlich erfassten Entnahme-/Betriebsaufgabewert keine Bindungswirkung für die AfA der Folgejahre zu. In seiner Entscheidung vom 03.06.2025 (Az. IX R 18/24) urteilte der BFH hingegen, dass die festgelegte AfA-Bemessungsgrundlage
auch dann Gültigkeit hat, wenn bei der Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns oder -verlusts ein der Höhe nach
unzutreffender gemeiner Wert steuerlich erfasst wurde.
Im konkreten Fall ging es um eine Klägerin, die bis 2007 gewerbliche Einnahmen erzielte, dann aber den Gewerbebetrieb aufgab. Eine Immobilie aus dem Betriebsvermögen überführte sie ins Privatvermögen und gab dabei Verluste an, weil der Marktwert der Immobilie unter den Buchwerten lag. Das seinerzeit zuständige Finanzamt erließ am 12.03.2013 erklärungsgemäß einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche
Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2007. Nach einer Außenprüfung am 07.06.2016 änderte das Finanzamt nachträglich den Bescheid, wogegen die Klägerin gerichtlich vorging.
Die AfA bemessen sich gemäß § 7 Abs. 4, Abs. 5 EStG (Einkommensteuergesetz) grundsätzlich nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes. Wird allerdings ein im Betriebsvermögen gehaltenes – eigenbetrieblich genutztes oder vermietetes – Gebäude durch eine Entnahme oder Betriebsaufgabe in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen überführt und anschließend zur Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung genutzt, ist § 7 Abs. 4, Abs. 5
EStG nicht unmittelbar anwendbar. Denn die Überführung vom Betriebs- ins Privatvermögen stellt mangels Rechtsträgerwechsels keinen Erwerb dar und führt nicht zu Anschaffungskosten, die im Wege der AfA abzuziehen sind. Nach einer Entnahme oder Betriebsaufgabe ist jedoch der
Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG) beziehungsweise der nach § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG zu berücksichtigende gemeine Wert den Anschaffungskosten nach § 7 EStG gleichzusetzen. Es handelt sich um einen "
anschaffungsähnlichen Vorgang" (ständige Rechtsprechung des BFH).
Dies setzt allerdings voraus, dass das Gebäude im Zuge der Ermittlung des Entnahme- oder Betriebsaufgabegewinns mit dem Teilwert oder gemeinen Wert steuerlich erfasst wurde oder – sollte dies nicht der Fall sein – die Entnahme/Betriebsaufgabe verfahrensrechtlich noch steuerlich erfasst werden kann. Andernfalls sind als künftige AfA-Bemessungsgrundlage weiterhin die ursprünglichen Anschaffungs-/Herstellungskosten zugrunde zu legen. Maßgeblich für eine "
steuerliche Erfassung" im vorgenannten Sinne ist, dass die gesetzlichen Regelungen in § 4 Abs. 1 Satz 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG (Entnahme) beziehungsweise § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG (Betriebsaufgabe) beachtet worden sind. Der Anfall einer Steuerschuld ist unerheblich, sodass eine "steuerliche Erfassung"
selbst bei einem Entnahme- oder Betriebsaufgabeverlust vorliegt.
Der entscheidende Satz im Urteilstext lautet: "Wurde bei der Ermittlung eines Gewinns (Verlusts) aus der Entnahme/Betriebsaufgabe ein der Höhe nach
unzutreffender Wert für das Wirtschaftsgut erfasst, ist jener Wert und nicht der tatsächliche Wert
für die AfA maßgebend." Die Richter verweisen dabei auf R 7.3 Abs. 6 Satz 1 der Einkommensteuer-Richtlinien (Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012), BStBl I 2013, 276; Schmidt/Kulosa, EStG, 44. Auflage, § 7 Rz. 119.
Erstellt von (Name) S.P. am 05.09.2025
Geändert: 05.09.2025 14:32:17
Autor:
S. P.
Quelle:
Bundesfinanzhof
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Bildagentur PantherMedia / Kuzmafoto
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