Rückstellungen für die Archivierung von Geschäftsunterlagen

Wolff von Rechenberg
Für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen müssen Unternehmen im Jahresabschluss Rückstellungen bilden. Das hat der Bundesfinanzhof entschieden (vgl. BFH-Urteil vom 19.8.2002, BStBl. II 2003, S. 131). Rechnungswesen-Portal.de erklärt, was man dazu wissen muss.

Jahresabschlüsse, Rechnungen, Belege, Geschäftsbriefe: Geschäftsunterlagen sammeln sich schnell und brauchen Raum. Schließlich muss die Masse der Unterlagen eines Unternehmens ja für die nächsten zehn Jahre gespeichert werden. Das kostet Geld, und dafür muss das Unternehmen im Jahresabschluss Rückstellungen bilden.

Diese Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten muss mit dem Betrag passiviert werden, der zum Bilanzstichtag wahrscheinlich notwendig sein wird, damit das Unternehmen seinen gesetzlichen Aufbewahrungspflichten nachkommen kann.


Achtung: Die Rückstellung darf nicht abgezinst werden. Eine Abzinsung käme nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EstG nur für den Zeitraum bis zum Beginn der Erfüllung in Frage. Die Erfüllung beginnt in diesem Fall jedoch mit dem Entstehen der Unterlagen. Es gibt also keinen Abzinsungszeitraum.

Dabei müssen Unternehmen folgendes beachten:
  1. Die Rückstellung ist für die zukünftigen Kosten der Archivierung von Geschäftsunterlagen zu bilden.
  2. Es zählen nur die Kosten für die Archivierung jener Geschäftsunterlagen, für die gesetzliche Aufbewahrungsfristen gelten, und zwar nur bis zum Ende der Aufbewahrungsfrist. Will das Unternehmen aus anderen Gründen weitere Unterlagen archivieren oder die genannten Unterlagen noch länger aufheben, so kann es die Kosten dafür nicht in die genannte Rückstellung aufnehmen.

Zu den Aufbewahrungsfristen. Der Gesetzgeber gibt zwei Aufbewahrungsfristen vor:
  1. Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Buchungsbelege ((§ 257 Abs. 1 Nr. 1 und 4 i.V.m. Abs. 4 HGB, § 147 Abs. 1 Nr. 1 und 4 i.V.m. Abs. 3 AO) sowie Ein- und Ausgangsrechnungen (§ 14b UStG) sind 10 Jahre aufzubewahren.
  2. Für Geschäftsbriefe und die Kopien abgesandter Geschäftsbriefe gilt eine Aufbewahrungsfrist von 6 Jahren (§ 257 Abs. 1 Nr. 2 und 3 i.V.m. Abs. 4 HGB, § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 i.V.m. Abs. 3 AO).

Die Oberfinanzdirektion Magdeburg hat in einer Verfügung vom 21.09.2006 die Kosten genannt, die ein Unternehmen in die Rückstellung einbeziehen muss:
  • Einmaliger Aufwand für die Einlagerung der am Bilanzstichtag noch nicht archivierten Unterlagen, ggf. Mikroverfilmung bzw. Digitalisierung und Datensicherung,
  • Raumkosten (anteilige Miete bzw. Gebäude-AfA, Grundsteuer, Gebäudeversicherung, Instandhaltung, Heizung, Strom). Der anteilige Aufwand kann aus Vereinfachungsgründen entsprechend dem Verhältnis der Fläche des Archivs zur Gesamtfläche ermittelt werden (vgl. auch H 4.7 [Nebenräume] EStH 2005 und das dort genannte BFH-Urteil vom 5.9.1990, BStBl. II, 1991, S. 389, betr. ein Archiv in einem Kellerraum eines Wohnhauses), es sei denn, dies führt zu einem (offenbar) unangemessenen Ergebnis (vgl. auch R 4.2 [6] EStR 2005 – ggf. bei Bankgebäuden),
  • Einrichtungsgegenstände (AfA für Regale, Schränke),
  • anteilige Personalkosten, z.B. für Hausmeister, Reinigung, Lesbarmachung der Datenbestände.

Nicht rückstellungsfähig sind demnach:
  • anteilige Finanzierungskosten für die Archivräume (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG – Beschränkung auf Einzel- und notwendige Gemeinkosten),
  • die Kosten für die künftige Anschaffung von Regalen und Ordnern (§ 5 Abs. 4b Satz 1 EStG),
  • die Entsorgung der Unterlagen nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sowie
  • die Einlagerung künftig entstehender Unterlagen.

Für die Berechnung der Aufbewahrungskosten gibt der Gesetzgeber zwei Möglichkeiten vor.
  1. Unternehmen können die Kosten für die aufzubewahrenden Unterlagen eines Jahres für die Unterlagen eines Jahres ermitteln. Diesen Betrag multipliziert das Unternehmen dann mit der Zahl der Jahre der Restaufbewahrungsdauer.
  2. Unternehmen können die jährlichen Kosten für den Archivraum mit dem Faktor 5,5 multiplizieren. Nach Angaben der Ofd Sachsen-Anhalt ist das die durchschnittliche Restaufbewahrungsdauer, die der Gesetzgeber zugrunde legt. Unternehmen müssen nach dieser Methode in der Regel nicht nach der Aufbewahrungsfrist von sechs bzw. zehn Jahren unterscheiden. Es sei denn, die Berechnung führe zu einem offensichtlich unangemessenen Ergebnis.

Wichtig: Kosten für das Einbringen der Unterlagen in den Archivraum oder für das Digitalisieren von Geschäftsunterlagen dürfen Unternehmen nicht multiplizieren, sondern nur einmalig ein-stellen, da diese Kosten ja auch nur einmal anfallen.

Tipp: Sie berechnen Rückstellungen im Handumdrehen in Excel mit dem RS-Rückstellungsrechner XL. Die Berechnung sieht dann folgendermaßen aus:

Berechnung Rückstellung für Aufbewahrung Geschäftsunterlagen
Position Wert Kommentar
Wiederkehrende Kosten
Lagermiete inkl. NK 120,00 30 qm × 10,- € je qm (Beko + anteilige GK für Haustechnik)
Personalkosten 2.160,00 60 Stunden (1 h je Ordner + 10 h Gemein, Stundensatz 36,- €)
Einrichtungskosten 0,00 (entfällt da Regale bereits abgeschrieben)
Zwischensumme 2.280,00
 
Einmalige Kosten
Einlagerungskosten 0,00 Kosten für das Scannen z.B. (nur für das aktuelle Jahr)
Kosten für Speichermedien 100,00 nach Beleg für Sicherungsbänder
Datensicherungskosten 1.000,00 Schätzung der anteiligen Kosten für IT-Support + Abschr. Hard-/Software
Zwischensumme 1.100,00
 
Anzahl Jahre 5,50 Vereinfachung (arithmetisches Mittel der Jahre eins bis zehn)
Rückstellung 13.640,00
Bearbeiter: Klaus Peter Mustermann erstellt mit RS-Rückstellungsrechner
von reimus.Net GmbH





Quelle: OFD Sachsen-Anhalt
letzte Änderung W.V.R. am 16.11.2022
Autor(en):  Wolff von Rechenberg


Autor:in
Herr Wolff von Rechenberg
Wolff von Rechenberg ist Wirtschaftsjournalist und versorgt seit 2012 die Fachportale der reimus.NET mit News und Fachartikeln.
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