Der
Online-Handel hat es möglich gemacht, dass Verbraucher auch Waren aus Drittstaaten (Nicht-EU-Staaten) erwerben können. Bei einem geringen Warenwert sind solche Lieferungen bisher steuerlich begünstigt.
Das ändert sich zum 01.07.2021. Um das Erklären und Entrichten der
Umsatzsteuer auch für
geringwertige Güter aus Drittstaaten zu vereinfachen, sieht die EU-Gesetzgebung die Einrichtung von Import-One-Stop-Shops und anderen Sonderregelungen vor.
Neue Regeln für Waren aus Drittstaaten
Wer Waren aus Drittstaaten im Wert von bis zu
150€ an
private Kunden in einem EU-Staat verkauft, profitiert bisher davon, dass die Waren zollfrei in die EU eingeführt werden können. Liegt der Warenwert bei maximal 22 €, ist der Verkauf sogar von der Umsatzsteuer befreit. Von den Befreiungen ausgeschlossen sind jedoch verbrauchsteuerpflichtigen Waren, wie Zigaretten, Tabakwaren und alkoholische Getränke (Art. 23, 24 Zollbefreiungsverordnung).
Für Waren, die innerhalb der EU verkauft werden, gibt es
keinen Schwellenwert für geringfügige Waren. Die Umsatzsteuer/Mehrwertsteuer wird auch für Produkte mit niedrigen Preisen fällig. Um dieses Ungleichgewicht zu beseitigen, schafft die EU zum 01.07.2021 den Schwellenwert von 22 € für Waren aus Drittländern ab. Das Versteuern von Waren aus Nicht-EU-Staaten wird jedoch durch ein besonderes Besteuerungsverfahren vereinfacht werden.
Besonderes Besteuerungsverfahren und Import-One-Stop-Shop
Das besondere
Besteuerungsverfahren für Waren aus Drittstaaten bis zu einem Warenwert von 150 € ist von der EU in Art. 369l bis 396x MwStSystRL (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, Richtlinie 2006/112/EG in der neuesten Fassung) geregelt worden. In nationales Recht übertragen hat der deutsche Gesetzgeber die Regelung mit dem Jahressteuergesetz (JStG) durch die Änderung des Umsatzsteuergesetzes (u. a. Einfügung des § 18k UStG).
Das Verfahren ist vollständig auf die
elektronische Übermittlung von Daten ausgelegt. Zudem kann ein Händler Waren aus Drittstaaten zur Lieferung an Kunden in verschiedenen EU-Staaten an einer Stelle versteuern, einem
Import-One-Stop-Shop. In Deutschland richtet das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eine solche Stelle ein (§ 18k Abs. 1 Satz 2 UStG (neu) – Art. 13 Nr. 2 JStG).
Am Verfahren teilnehmen können sowohl Händler, die in der EU ansässig sind, als auch Händler, die keinen Sitz und keine Niederlassung in der EU haben (Art. 369l Abs. 3 MwStSystRL). Entscheidend ist, dass die von ihnen verkauften Waren aus Drittstaaten kommen. Allerdings sind nur Unternehmer aus
Drittstaaten zugelassen, mit denen die EU ein Abkommen über
gegenseitige Amtshilfe geschlossen hat (Art. 369m Abs. 1c MwStSystRL).
Wer am besonderen Besteuerungsverfahren teilnimmt, muss sich beim Anbieter des Import-One-Stop-Shops registrieren lassen. Alle Teilnehmenden erhalten eine spezielle
Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer (MwSt-ID-Nr.), die sie auch nur für diesen Zweck verwenden dürfen (Art. 369q Abs. 4 MwStSystRL). Ein Vermittler, der Steuerangelegenheiten im Auftrag des Händlers erledigt, erhält eine individuelle Identifikationsnummer. Mit der Bekanntgabe dieser ID-Nummern beginnt die Teilnahme an dem Verfahren (§ 18k Abs. 1 Satz 5 UStG (neu) – Art. 13 Nr. 2 JStG).
Die elektronische Mehrwertsteuererklärung muss
monatlich abgegeben werden, unabhängig davon, ob es in diesem Zeitraum Umsätze gegeben hat (Art. 369s Satz 1 MwStSystRL). Spätestens am Ende des Monats nach dem Besteuerungszeitraum ist die Steuer zu erklären und zu entrichten (§ 18k Abs. 4 Satz 1 und Satz 3 UStG (neu) – Art. 13 Nr. 2 JStG).
Die Alternative: Umsatzsteuer über die Zollbehörde
Die
Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie lässt in Art. 369y bis 369zb zum 01.07.2021 eine weitere Sonderregelung für Waren aus Drittstaaten mit einem Wert bis 150 € zu: die Entrichtung der Umsatzsteuer bei der Einfuhr direkt bei der Zollbehörde. Verbrauchssteuerpflichtige Waren (siehe oben) sind davon ausgenommen (Art. 369y Satz 1 MwStSystRL).
Die
Zollbehörde muss die eingenommene Umsatzsteuer monatlich gegenüber den Finanzbehörden erklären und überweisen (Art. 369zb Abs. 1 MwStSystRL). Unternehmer haben ausführliche Aufzeichnungen über die Geschäftsvorgänge im Rahmen dieser Sonderregelung anzufertigen und diese auf Ersuchen der Finanzbehörden elektronisch verfügbar zu machen (Art. 369zb Abs. 1 MwStSystRL).
Der deutsche Zoll hat dafür das Verfahren
ATLAS-IMPOST (Importabfertigung von Post- und Kuriersendungen) entwickelt . Für Unternehmer gibt es den neuen Zollanmeldungstyp APK (Anmeldungen von Post- und Kuriersendungen), für Privatpersonen den Typ IPK (Internetanmeldung für Post- und Kuriersendungen), der über eine Internetplattform erreichbar sein wird.
letzte Änderung S.P.
am 13.12.2023
Autor(en):
Stefan Parsch
Bild:
Bildagentur PantherMedia / Pe3check
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Autor:in
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Herr Stefan Parsch
Stefan Parsch ist freier Journalist und Lektor. Er schreibt Fachartikel für die Portale von reimus.NET und Artikel über wissenschaftliche Themen für die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Für den Verein Deutscher Ingenieure lektoriert er technische Richtlinien. Mehr als zwölf Jahre lang war er Pressesprecher der Technischen Hochschule Brandenburg.
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