
Wenn die Kunden die Rechnungen nicht in der gesetzten Frist oder der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit begleichen, ist das für die Unternehmen mit Aufwand verbunden. Bei großen Unternehmen befasst sich oft eine eigene (Unter-)Abteilung mit Mahnungen an säumige Zahler. Dennoch können nicht alle Kosten des Mahnwesens auf die Kunden abgewälzt werden. Es gibt zwar keine klare gesetzliche Regelung zu Mahnkosten und
angemessenen Mahngebühren, doch zahlreiche Gerichtsurteile haben in den vergangenen Jahren den Spielraum für Unternehmen zunehmend eingeschränkt.
Gesetzliche Vorgaben zu Fälligkeit und Verzug
Ist in einem Kauf- oder Dienstleistungsvertrag keine Vereinbarung zur Fälligkeit der Vergütung getroffen, gilt grundsätzlich § 271 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Demnach hat ein Lieferant oder Dienstleister sofort nach Erbringung seiner Leistung Anrecht auf die Gegenleistung in Form der Bezahlung (
Fälligkeit der Vergütung, § 614 BGB). Oft wird jedoch ein
Zahlungsziel angegeben, z. B. 14 oder 30 Tage nach der Leistungserbringung oder dem Erhalt der Rechnung. Dann ist davon auszugehen, dass der Gläubiger die Zahlung nicht früher als das Zahlungsziel verlangen kann, der Schuldner die Zahlung jedoch früher leisten kann (§ 271 Abs. 2 BGB).
In
Zahlungsverzug gerät ein Kunde grundsätzlich, wenn er eine Mahnung des Lieferanten oder Dienstleisters erhalten hat (§ 286 Abs. 1 BGB). Diese
erste Mahnung in einem mehrstufigen Mahnverfahren ist für den Kunden nicht mit einer Mahngebühr verbunden, weil er mit ihr ja erst in Verzug gerät. § 286 Abs. 2 BGB nennt jedoch auch Fälle, in denen der Verzug ohne Mahnung eintritt. Dies geschieht beispielsweise, wenn ein konkretes Kalenderdatum für die Zahlungsleistung vertraglich vereinbart wird. Die Fälligkeit kann sich auch auf einen Zeitraum nach einem bestimmten Ereignis beziehen, z. B. eine notarielle Beurkundung. Ebenso bedarf es keiner Mahnung für den Verzug, wenn "der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert" (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB).
Auch in diesen Fällen muss die
Zahlungsfrist angemessen sein. Das Amtsgericht (AG) Kassel sah eine Zahlungsfrist von zehn Tagen, die im Vertrag eines Telekommunikationsdienstleisters zu finden war, als nicht ausreichend, um einen Verzug ohne Mahnung zu begründen (AG Kassel, Urteil vom 28.04.2022, Az. 421 C 301/22).
Wenn diese Vorgaben nicht greifen, gerät der Schuldner spätestens in Verzug, "wenn er nicht innerhalb von
30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet" (§ 286 Abs. 3 Satz 1 BGB). An dieser Stelle unterscheidet der Gesetzgeber zwischen Verbrauchern und Unternehmen als Kunden:
Verbraucher müssen auf diese Folgen in der Rechnung besonders hingewiesen werden, bei Unternehmen ist dies nicht nötig. Wenn das Eingangsdatum unsicher ist, geraten Unternehmen als Kunden spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug (§ 286 Abs. 3 Satz 2 BGB).
Aktuelle Gerichtsurteile zur Höhe von Mahngebühren
In unkonkreter Weise schränkt § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB die
Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen – als solche werden Mahngebühren angesehen – ein. Demnach darf die Pauschale den "nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung" nicht übersteigen.
Was das konkret bedeutet, hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit seinem Urteil vom 26.06.2019 (Az. VIII ZR 95/18) deutlich gemacht: Es gelte, "dass der Geschädigte den für die Schadensermittlung und außergerichtliche Abwicklung seines Schadensersatzanspruchs anfallenden
Arbeits- und Zeitaufwand, auch wenn er hierfür besonderes Personal einsetzt oder die Tätigkeiten extern erledigen lässt,
grundsätzlich selbst trägt". Das bedeutet, dass sich der Aufwand, den ein Unternehmen für das Mahnwesen betreibt, nicht in den Mahngebühren niederschlagen darf.
Bei dieser Auslegung verwundert es nicht, dass die BGH-Richter selbst
pauschale Mahngebühren in Höhe von
2,50 Euro als unzulässig ansehen. Der Grund dafür war im konkreten Fall, dass in dieser Pauschale auch Telefonkosten (Erinnerung an die ausstehende Zahlung, Kundenanfrage nach Erhalt der Mahnung), anteilige IT- und Raummietkosten sowie ein pauschalierter Verzugszins enthalten waren. Lediglich die Material- und Versandkosten für die konkrete Mahnung gestanden die BGH-Richter dem Unternehmen zu.
Alle Unternehmen, die höhere Mahngebühren verlangen, müssen damit rechnen, verklagt zu werden, wie zwei Urteile aus dem Jahr 2021 belegen. So verlangte das Unternehmen Ticketbande, das ein Portal für Eintritts- und Konzertkarten auf dem Zweitmarkt betreibt, eine Mahngebühr von zehn Euro. Dies erklärte das Landgericht (LG) Erfurt in seinem Urteil vom 30.09.2021 (Az. 3 O 489/21) für unzulässig.
Dies gilt auch für die Praxis des Versandhandelsunternehmens Otto, das für eine
automatisierte Mahnung monatlich zehn Euro als Verbindlichkeit auf das Kundenkonto buchte. Erschwerend kam hinzu, dass diese Gebühren weder individuell noch über eine Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) mit den Kunden vereinbart worden waren. Diese Praxis verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg als nicht zulässig (Urteil vom 22.12.2021, Az. 15 U 14/21).
Berechnung von Mahnkosten
Eine Berechnung der Mahnkosten ist nur nötig, wenn die Kunden Verbraucher sind (B2C – Business-to-Customer). Bei Geschäften zwischen Unternehmen (
B2B – Business-to-Business) hat der Gläubiger zusätzlich zu den Verzugszinsen (siehe nächsten Abschnitt) einen Anspruch auf die Zahlung einer
Pauschale in Höhe von
40 Euro (§ 288 Abs. 5 Satz 1 BGB). Das gilt selbst dann, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt (§ 288 Abs. 5 Satz 2 BGB).
Im erwähnten BGH-Urteil (vom 26.06.2019, Az. VIII ZR 95/18) werden als Mahnkosten konkret die "Kosten für den Druck, die Kuvertierung, Frankierung sowie Versendung der Mahnung" angegeben. Eine
Berechnung der Mahnkosten könnte also wie folgt aussehen:
• 0,02 Euro für das Ausdrucken des Mahnungsschreibens und das Bedrucken des Umschlags
• 0,03 Euro für einen Bogen Papier
• 0,03 Euro für einen Briefumschlag
• 0,95 Euro für das Briefporto
Es ergibt sich also eine Summe der Mahnkosten von 1,03 Euro. Bei elektronischen Mahnungen dürfte die Summe deutlich darunter liegen, wenn überhaupt zulässige Kosten anfallen.
Verzugszinsen und Inkassogebühren
"Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen", heißt es in § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB. Bei der Höhe der Verzugszinsen unterscheidet der Gesetzgeber zwischen Verbrauchern und Unternehmen als Schuldnern. Für Verbraucher gilt ein
Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 Satz 2 BGB), für Unternehmen von neun Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 2 BGB). Beim aktuellen (Stand September 2025) Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank von 1,27 % beträgt der Verzugszinssatz für Verbraucher demnach 6,27 %, für Unternehmen 10,27 % pro Jahr.
Ein Unternehmen kann Teile des Mahnwesens auf Inkasso-Firmen übertragen. Die anfallenden Gebühren sind dann vom Schuldner zu bezahlen. Allerdings muss die Beauftragung der
Inkasso-Firma zweckmäßig und erforderlich sein. So sah es das AG Hamm (Urteil vom 16.05.2014, Az. 17 C 443/13) als unzulässig an, dass ein gewerblicher Vermieter seine Mahnabteilung zu einer Inkasso-Firma auslagerte und die Kosten den Mietern aufhalste, die mit der Miete in Verzug waren.
Für die Inkasso-Gebühren gilt dasselbe wie für die Mahngebühren: Es dürfen
keine allgemeinen Verwaltungskosten hineingenommen werden. So hat der BGH pauschale Inkasso-Gebühren von 34,15 Euro für unwirksam erklärt, weil der Gläubiger neben den Kosten für die Inkasso-Firma laut Preisverzeichnis auch Verwaltungskosten für das IT-System sowie für die Planung und Überwachung der Arbeit des externen Dienstleisters geltend machte (BGH, Urteil vom 10.06.2020, Az. VIII ZR 289/19).
Die Inkasso-Gebühren richten sich nach der
Vergütung von Rechtsanwälten je nach der Höhe des Gegenstandswerts; jedoch darf eine Inkasso-Firma nur die Hälfte der anwaltlichen Vergütung nach § 13 RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) in Rechnung stellen. Bei Schulden in Höhe von 1.000 Euro wären dies 93 : 2 = 46,50 Euro (93 Euro sind die Vergütung für Rechtsanwälte). Für Gegenstandswerte unter 50 Euro besteht die Besonderheit, dass Anwälte einheitlich eine Gebühr von 31,50 Euro verlangen dürfen; bei Inkasso-Büros ist es die Hälfte, also 15,75 Euro.
Sonderbedingungen für Behörden
Das bisher Beschriebene gilt, wenn der Gläubiger aus der Privatwirtschaft kommt. Der Gesetzgeber hat dem Staat weitergehende Befugnisse eingeräumt, wenn er an das ihm zustehende Geld kommen möchte. Denn die Mahngebühren sind nicht an die durch die Mahnung entstandenen Kosten gebunden. Wenn ein Steuerzahler bei behördlichen Gebühren säumig ist, kann die Behörde nach § 19 Abs. 2 Satz 1 VwVG (Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz) in Verbindung mit § 3 Abs. 3 VwVG Mahngebühren erheben. Die Gebühren sind auf
0,5 % des Mahnbetrags, mindestens jedoch fünf Euro und höchstens 150 Euro festgelegt (§ 19 Abs. 2 Satz 2 VwVG).
Wenn ein Steuerzahler mit der Steuer in Verzug gerät, darf der Staat einen
Säumniszuschlag erheben (§ 240 AO – Abgabenordnung). Dieser beträgt für jeden angefangenen Monat ein Prozent des abgerundeten geschuldeten Steuerbetrags (§ 240 Abs. 1 Satz 1 AO). Ausgenommen davon ist nur ein Säumniszeitraum von drei Tagen nach der Fälligkeit der Steuer (§ 240 Abs. 3 Satz 1 AO).
letzte Änderung S.P. am 26.09.2025
Autor(en):
Stefan Parsch
Bild:
Bildagentur PantherMedia / Andriy Popov
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Herr Stefan Parsch
Stefan Parsch ist freier Journalist und Lektor. Er schreibt Fachartikel für die Portale von reimus.NET und Artikel über wissenschaftliche Themen für die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Für den Verein Deutscher Ingenieure lektoriert er technische Richtlinien. Mehr als zwölf Jahre lang war er Pressesprecher der Technischen Hochschule Brandenburg.
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