
Bedingt durch den Regierungswechsel wird es zum Jahreswechsel diesmal
weniger steuerrelevante Änderungen geben
als üblich. Manche Änderungen stammen noch aus dem Jahressteuergesetz 2020 und werden erst 2022 wirksam. Andere Regelungen wurden bereits früher in diesem Jahr beschlossen, treten aber erst 2022 in Kraft. Außerdem wurden einige
befristete Maßnahmen, insbesondere mit Bezug zur Corona-Pandemie,
verlängert oder entfristet. Am Ende des Artikels sind noch einige gesetzliche Änderungen aufgeführt, die 2021 beschlossen wurden und bereits gelten.
Steuerrelevante Änderungen, die 2022 wirksam werden
Anhebung der monatlichen Freigrenze für Sachbezüge von Arbeitnehmer
Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG (Einkommensteuergesetz) können Arbeitgeber jedem
Beschäftigten monatlich Sachbezüge im Wert von bis zu 44 € steuerfrei zukommen lassen. Dies können beispielsweise ein Jobticket, Tankgutscheine oder andere Gutscheine sein. Mit Art. 3 Nr. 1 JStG 2020 (Jahressteuergesetz 2020) hat der Gesetzgeber diese
Freigrenze ab 01.01.2022 auf 50 € erhöht.
Lohnsteuerliche Behandlung von verbilligten Mahlzeiten der Arbeitnehmer
Der
Sachbezugswert für Mahlzeiten, die arbeitstäglich unentgeltlich oder verbilligt an Arbeitnehmer abgegeben werden, ändert sich für das Kalenderjahr 2022. Im Jahr 2022 gelten folgende Sachbezugswerte: Für ein Mittag- oder Abendessen 3,57 Euro, für ein Frühstück 1,87 Euro. Bei Vollverpflegung (Frühstück, Mittag- und Abendessen) sind die Mahlzeiten mit dem Wert von 9,00 Euro anzusetzen. Das teilt das BMF mit Schreiben vom 20. Dezember mit.
Zweimalige Erhöhung des Mindestlohns
Bereits am 09.11.2020 hat der Gesetzgeber zwei
Erhöhungen des Mindestlohns für 2022 beschlossen. Auf der Grundlage des Beschlusses der Mindestlohnkommission vom 30.06.2020 sieht die Dritte Mindestlohnanpassungsverordnung (MiLoV3) eine Anhebung des Mindestlohns zum
01.01.2022 auf 9,82 € brutto je Zeitstunde und zum
01.07.2022 auf 10,45 € brutto je Zeitstunde vor (§ 1 Nr. 3 und Nr. 4 MiLoV3). (Siehe auch auf Lohn1x1.de:
Steuer-ID ab 2022 im gewerblichen Minijob Pflicht)
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Betriebliche Altersvorsorge: Zuschusspflicht der Arbeitgeber auch für Altverträge
Nach § 1a Abs. 1 BetrAVG (Betriebsrentengesetz) kann jeder Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber verlangen, dass bis zu 4 % seines Lohns (Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung) im Zuge einer
Entgeltumwandlung für seine
betriebliche Altersvorsorge verwendet werden. Bereits jetzt muss der
Arbeitgeber bei ab dem 01.01.2019 geschlossenen Vereinbarungen zusätzlich einen
Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 15 % des umgewandelten Lohns einzahlen, wenn er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart (§ 1a Abs. 1a BetrAVG).
Zum 01.01.2022 endet die Übergangsregelung für Entgeltumwandlungen, die vor dem 01.01.2019 vereinbart wurden (§ 26a BetrAVG). Der
15%ige Zuschuss wird nun auch für alle Altverträge fällig. (Siehe auch auf Lohn1x1.de:
Betriebliche Altersvorsorge 2022: Zuschusspflicht für Arbeitgeber)
Gewerbliche Minijobber: Arbeitgeber müssen Steuer-ID elektronisch übermitteln
Ab 01.01.2022 müssen Unternehmer, die
gewerbliche Minijobber beschäftigen, deren Steueridentifikationsnummer (
Steuer-ID)
im elektronischen Meldeverfahren an die Minijob-Zentrale übermitteln. Die Arbeitnehmer sind dazu verpflichtet, dem Arbeitgeber ihre Steuer-ID zu nennen. Nur in
Ausnahmefällen kann die Meldung an die Minijob-Zentrale auch ohne Steuer-ID vorgenommen werden, wenn beispielsweise die Steuerverwaltung keine Steuer-ID vergeben hat, weil der Minijobber seinen
Wohnsitz im Ausland hat und sein Arbeitslohn pauschal lohnversteuert wird. (Siehe auch auf Lohn1x1.de:
Steuer-ID ab 2022 im gewerblichen Minijob Pflicht und Webtipps)
Neue Umsatzsteuer-Durchschnittssätze für landwirtschaftliche Betriebe
Für Forst- und Landwirte besteht im Umsatzsteuerrecht mit dem § 24 UStG (Umsatzsteuergesetz) eine besondere Regelung: die
Pauschalbesteuerung. Dabei verwenden Forst- und Landwirte für die meisten ihrer Erzeugnisse nicht nur einen
besonderen Mehrwert-/
Umsatzsteuersatz, sondern ihnen wird ein Vorsteuerabzug in gleicher Höhe zugestanden. Wenn also ein Forst- und Landwirt in einem Jahr 10.000 € an Mehrwertsteuer einnimmt, kann eine Vorsteuer von 10.000 € geltend machen – oder mit anderen Worten: Er kann die
vereinnahmte Mehrwertsteuer behalten.
Dies ist grundsätzlich mit EU-Recht vereinbar, doch in der Form, wie das deutsche Gesetz ausgestaltet war, sah die
Europäische Kommission darin für größere landwirtschaftliche Betriebe eine
versteckte Subvention. Deshalb hat der Gesetzgeber einerseits eine
Obergrenze von 600.000 € für Umsätze nach § 19 Abs. 3 UStG eingeführt (Art. 11 Nr. 6 JStG 2020), die für alle Umsätze ab dem 01.01.2022 gilt (§ 27 Abs. 32 UStG); zu den Umsätzen gehört z. B. auch eine gewerblich betriebene Fotovoltaikanlage.
Andererseits hat der Gesetzgeber die Regierung aufgefordert festzulegen, wie der Durchschnittssatz künftig jedes Jahr zu berechnen ist. Dies hat die Regierung im "Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben im Umsatzsteuerrecht" in Art. 1 Nr. 5 getan. Dort ist ebenfalls geregelt, dass der
mehrwertsteuerliche Durchschnittssatz 9,5 % (
statt bisher 10,7 %) beträgt. Für pauschalierende Landwirte bedeutet dies eine steuerliche Mehrbelastung. Falls der Bundesrat am 17.12.2021 dem Gesetz zustimmt, wird es am 01.01.2022 in Kraft treten.
Höhere Tabaksteuern, Besteuerung von Wasserpfeifentabak
Zum 01.01.2022 tritt das
Tabaksteuermodernisierungsgesetz (
TabStMoG) in Kraft. Es sieht erstmals vor, dass auch
erhitzter Tabak und Wasserpfeifentabak für Shishas der
Tabaksteuer unterliegen (Art. 1 Nr. 2 TabStMoG). Die
Steuern für E-Zigaretten und Tabakerhitzer sowie für Zigaretten, Zigarren und Zigarillos werden in den kommenden Jahren
schrittweise erhöht (Art. 1 Nr. 4 TabStMoG). Zum 01.07.2022 wird die Besteuerung zudem auf
Substitute, z. B.
Liquids, ausgeweitet (Art. 2 und 5 TabStMoG).
Entfristung der Erhöhung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende
Um
Alleinerziehende in Zeiten der Pandemie zu unterstützen, wurde bereits 2020 der
Entlastungsbeitrag für das erste Kind für die Jahre 2020 und 2021 von 1908 € auf 4008 € angehoben (§ 24b Abs. 2 Satz 3 EStG), also
mehr als verdoppelt. Im Jahressteuergesetz entschied dann der Gesetzgeber, dass diese Erhöhung auch künftig gelten soll und die
Befristung bis Ende 2021 aufgehoben wird (Art. 3 Nr. 2 JStG 2020). Damit gilt der neue Entlastungsbetrag ab 01.01.2022 regulär.
Befristete Regelungen, die 2022 fortwirken
Zahlung eines Coronabonus bis 31.03.2022 steuerfrei möglich
Steuerfreie Sonderzahlungen von Arbeitgebern an Arbeitnehmer in Höhe von bis zu 1500 € pro Person, kurz „Coronabonus“ genannt, waren 2020
zur Abmilderung der Auswirkungen der Corona-Pandemie eingeführt worden. Bereits im Jahressteuergesetz 2020 hat der Gesetzgeber die Frist für die Zahlung des steuerfreien Coronabonus bis zum 30.06.2021 verlängert (Art. 2 Nr.1 b JStG 2020). Im Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz (AbzStEntModG) vom 02.06.2021 wurde die Frist ein weiteres Mal
bis zum 31.03.2022 verlängert (Art. 1 Nr. 2 AbzStEntModG). Dieser Beschluss bedeutet allerdings nicht, dass 2022 ein weiterer Coronabonus steuerfrei bleibt, wenn die Obergrenze von 1500 € bereits 2020 oder 2021 ausgeschöpft wurde. Die Frist kommt also nur denjenigen Arbeitgebern entgegen, die bisher noch keinen Coronabonus gezahlt haben oder die Freigrenze noch nicht ausgereizt haben.
Keine Veränderung bei Reisekostenpauschalen für Auslandsreisen
Wegen der Pandemie entfällt die jährliche Neufestlegung der
Pauschbeträge für dienstliche Auslandsreisen nach dem Bundesreisekostengesetz. Für das Jahr
2022 gelten also weiterhin die Beträge des Jahres 2021, teilt das Bundesfinanzministerium online mit. (Siehe auch
Pauschbeträge für Sachentnahmen gelten ab 1. Juli 2021 weiter)
Ermäßigter Steuersatz für die Gastronomie bis Ende 2022 verlängert
Seit dem 01.07.2020 galt gemäß dem 1. Corona-Steuerhilfegesetz der
ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen von Gastronomiebetrieben. Ausgenommen davon waren und sind Getränke. Im Dritten Corona-Steuerhilfegesetz vom 10.03.2021 wurde die Regelung in Art. 3
bis 31.12.2022 verlängert. Damit soll die Branche unterstützt werden, nachdem sie wegen mehrerer Lockdowns erhebliche Umsatzeinbußen zu verzeichnen hatte.
Leistungen zur Sozialfürsorge ohne Gewinnabsicht bis Ende 2022 umsatzsteuerfrei
Nach § 4 Abs. 18 UStG
umsatzsteuerfrei sind eng mit der
Sozialfürsorge und der
sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Diese Regelung war auf die Jahre 2020 und 2021 befristet und ist mit dem BMF-Schreiben vom 03.12.2021
bis zum Veranlagungszeitraum 2022 verlängert worden.
Weitere Sonderregelungen im Umsatzsteuerrecht bis Ende 2022 verlängert
Mit dem Schreiben vom 14.12.2021 des Bundesfinanzministeriums wurden
wegen der anhaltenden Pandemie drei weitere Sonderregelungen im Umsatzsteuerrecht
bis zum 31.12.2022 verlängert:
- Wenn Unternehmen Sachmittel oder Personal einer Einrichtung, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Corona-Krise leistet, unentgeltlich bereitstellt, wird auf die Umsatzsteuer für diese "unentgeltliche Wertabgabe" verzichtet.
- Auch bei der sonst umsatzsteuerpflichtigen Überlassung von Sachmitteln, Räumen oder Personal zwischen Einrichtungen, die nach derselben Vorschrift steuerbefreit sind, wird keine Umsatzsteuer erhoben.
- Für Nutzungsänderungen von Unternehmen der öffentlichen Hand im Zusammenhang mit der Bewältigung der Corona-Krise sieht die Finanzverwaltung von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a UStG und einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG ab.
Einige Gesetzesänderungen, die schon 2021 in Kraft getreten sind
- Zum 01.07.2021 wirksam wurde das Mehrwertsteuer-Digitalpaket aus dem JStG 2020, das insbesondere die Besteuerung von Fernverkäufen als Privatpersonen über das Internet neu regelt, u. a. mit der Einführung des One-Stop-Shops (OSS) und des Import-One-Stop-Shops (IOSS). (Siehe auch: Der One-Stop-Shop (OSS) - Umsatzsteuer im EU-weiten Online-Handel)
- Das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts“ (KöMoG) vom 25.06.2021 bietet Personengesellschaften die Möglichkeit, optional zur Körperschaftsbesteuerung zu wechseln und verlängert die Reinvestitionsfrist für Gewinne aus dem Verkauf bestimmter Wirtschaftsgüter um zwei Jahre auf jetzt fünf Jahre.
- Das Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz vom 16.07.2021 regelt u. a. eine verfassungskonforme Bewertung für die Grundsteuer und sichert Grunderwerb-, Schenkung- und Erbschaftsteuer ab.
- Mit dem Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz (AbzStEntModG) vom 02.07.2021 beabsichtigt der Gesetzgeber, das Kapitalertragsteuer-Entlastungsverfahren zu verbessern und damit zusammenhängenden Missbrauch und Steuerhinterziehung zu verhindern.
- Mit dem Fondsstandortgesetz vom 03.06.2021 soll die Mitarbeiterbeteiligung insbesondere bei Start-ups und Kleinunternehmen attraktiver werden; dazu ist u. a. der steuerfreie Höchstbetrag von 360 € auf 1440 € jährlich erhöht worden.
Quelle:
2021-0393-24
letzte Änderung S.P.
am 30.06.2022
Autor(en):
Stefan Parsch
Bild:
Bildagentur Panthermedia / BrianAJackson
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Autor:in
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Herr Stefan Parsch
Stefan Parsch ist freier Journalist und Lektor. Er schreibt Fachartikel für die Portale von reimus.NET und Artikel über wissenschaftliche Themen für die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Für den Verein Deutscher Ingenieure lektoriert er technische Richtlinien. Mehr als zwölf Jahre lang war er Pressesprecher der Technischen Hochschule Brandenburg.
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